Wenn Angst zu Leichtigkeit wird: Freitaucherin Jennifer Wendland und die Kunst des Loslassens

Shownotes

In dieser Folge von Beat Yesterday – der Garmin Podcast spricht Gastgeber Kai Tutschke mit der zweifachen Weltmeisterin und deutschen Rekordhalterin im Freitauchen, Jennifer Wendland. Jennifer taucht ohne Sauerstoffgerät bis zu 117 Meter tief – allein mit der Kraft ihrer Muskeln und der Kontrolle über ihr Bewusstsein. Im Gespräch erzählt sie, wie sie über das Unterwasser-Rugby zum Freitauchen kam, welche mentalen und physischen Trainingsmethoden sie nutzt, um minutenlang die Luft anzuhalten, und warum Selbstüberschätzung im Freitauchen lebensgefährlich sein kann. Sie erklärt, wie sie es schafft, ihre Herzfrequenz auf unter 30 Schläge pro Minute zu senken, und beschreibt, warum Entspannung und Gedankensteuerung für sie der Schlüssel zum Erfolg sind. Außerdem spricht sie offen über Risiken wie Blackouts und die Verantwortung gegenüber der eigenen Sicherheit – ebenso wie über die faszinierende Schönheit des freien Falls in die Tiefe. Ein inspirierendes Gespräch über mentale Stärke, Achtsamkeit, Angstkontrolle und die Fähigkeit, in Extremsituationen Ruhe zu bewahren.

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00:00:01: Es gibt kaum noch was in unserem Alltag, was uns wirklich Angst machen sollte.

00:00:05: Und trotzdem haben wir vor allem möglichen, auch diffusen Dingen Angst.

00:00:09: Und da dann einfach auch mal zu überlegen, warum macht mir etwas Angst?

00:00:17: Du bist nicht deine Gedanken, du bist die Person, die deine Gedanken steuert.

00:00:21: Und mit dem Ansatz kann man nach und nach sehr viel erreichen.

00:00:28: Das Spannende ist, wenn man kommt an die Oberfläche und hat es schon geatmet, aber der Sauerstoff braucht trotzdem noch so fünfzehn Sekunden, bis der dann überhaupt im Gehirn ankommt.

00:00:37: Selbst wenn man schon oben ist und schon atmet, kann man dann immer noch in Unmacht fallen.

00:00:44: Ob ich noch tiefer hätte tauchen können, das weiß ich erst, wenn ich oben angekommen bin.

00:00:48: Wenn es einem unten gut geht, heißt es noch lange nicht, dass es einem nachher oben wieder gut gehen wird.

00:00:55: Du hast ja auch eine gewisse Aufregung vor dem Tauchen.

00:00:57: Oder kannst du das wirklich so regulieren, dass du weißt, ob man in der Herzfrequenz geht, auf unter dreißig Schlägen runter.

00:01:03: Du musst dich dann auch so auf dein Körper verlassen können.

00:01:06: Und wie bekommst du das hin, dass du wirklich gar nicht aufgeregt bist?

00:01:13: Willkommen zu Beat Yesterday, dem Podcast von Garmin.

00:01:17: Mein Name ist Kai Tutschke, ich bin Geschäftsführer von Garmin und spreche im Podcast mit Persönlichkeiten aus dem Sport.

00:01:24: Ein sportliches Ziel zu erreichen ist das eine.

00:01:27: Doch mich interessiert, was passiert eigentlich jenseits der Zielinniere.

00:01:32: Wir sprechen über Triumphe, das Scheitern und das persönliche Wachstum.

00:01:37: Und die großen Veränderungen im Leben.

00:01:42: Mein heutiger Gast ist Jennifer Wendland.

00:01:44: Jennifer zählt zu den Spitzenathletinnen im Freitauchen.

00:01:47: Freitauchen heißt ohne zusätzlichen Sauerstoff und nur mit Unterstützung der Muskelkrafttauchen.

00:01:52: Wir sprechen über die Kraft der Gedankenkontrolle, den Freienfall unter Wasser und warum beim Freitauchen Selbstüberschätzung verteilt sein kann.

00:02:02: Jennifer Wendland, herzlich willkommen zum Beat Yesterday Podcast.

00:02:05: Du bist die amtierende deutsche Rekordhalterin im Freitauchen und hast zahlreiche internationale Titel gewonnen, unter anderem zwei Weltmeisterschaften.

00:02:15: Du tauchst bis zu einhundertsebzehn Meter tief und meine erste Frage ist, warum tauchst du?

00:02:22: Ja, hallo Kai, danke für die Einladung.

00:02:24: Ja, warum tauch ich?

00:02:25: Ich glaube, Wasser war schon immer Teil meines Lebens und da hab ich mich schon immer drin wohlgefühlt.

00:02:30: Und vielleicht war es einfach eine Konsequenz dessen, dass es mich irgendwann zurück ins Meer treiben würde.

00:02:36: Es ist da unten einfach wunderschön.

00:02:39: Ich spiele da eine große Freiheit.

00:02:41: Ich lass alle Ängste und Sorgen an der Oberfläche zurück und genieße einfach meine Zeit da unten.

00:02:46: Das ist ja auch nur ein kurzer Augenblick.

00:02:48: Also du musst ja ... dich über eine lange Zeit auf dieses Freitauchen vorbereiten.

00:02:55: Also wenn du so richtig tief runtergehst in Richtung einhundert Meter, das ist ja wirklich enorm, dann dauert der Tauchgang wie vier Minuten?

00:03:03: Drei,

00:03:03: dreieinhalb Minuten.

00:03:04: Drei, dreieinhalb Minuten.

00:03:06: Der Augenblick der Entspannung, wann setzt der denn dann ein und wie lange hält der an?

00:03:12: Ich versuche natürlich, meinen Tag schon möglichst entspannt zu starten und nicht schon beim Frühstück irgendwie in Angst und Panik zu verfallen, weil ich gleich einen WM-Tauchgang habe.

00:03:20: Also da beginnt das eigentlich schon.

00:03:22: Also die mentale Vorbereitung beginnt schon sehr, sehr viel früher.

00:03:25: Ich setze mich ja schon sehr lange dann mit dem Gedanken auseinander, hey, da kommt jetzt eine Weltmeisterschaft, da kommt ein tiefer Tauchgang oder auch in einem tiefen Trainingstauchgang.

00:03:33: Ich bereite mich da gezielt mental drauf vor und nicht erst in dem Moment, in dem ich ins Wasser gehe.

00:03:39: Aber diese richtig tiefe Entspannung, in die gehe ich rein, sobald ich am Tauch sei, bin meist so drei bis vier Minuten vor dem Start, bin ich schon an der Oberfläche, entspannen mich, atme ganz bewusst, entspannt in dem Bauch und freue mich dann, dass es bald losgeht.

00:03:55: Also das ist so die Phase, wo ich die ganze Außenwelt hinter mir lasse, in mich selbst hineingehe, mich auf den Prozess konzentriere.

00:04:03: Also würde ich sagen, so die richtige tiefe Entspannung, so ab ungefähr vier Minuten vorher.

00:04:08: Und dieser Prozess, der ist hochspannend und interessiert mich wirklich.

00:04:11: Jetzt aber noch mal eine Frage.

00:04:13: Und zwar, wie bist du denn zum Freitauchen gekommen?

00:04:17: Du hast kurz beschrieben, warum du das machst.

00:04:19: Und das ist auch nachvollziehbar, aber das ist ja schon auch ein Extremsport, der auch Risiken mit sich bringt.

00:04:26: Wie bist du denn zum Freitauchen gekommen?

00:04:28: Ich war in meiner Jugend schon immer Schwimmerin.

00:04:30: Das heißt, Schwimmtechnik hatte ich und ich habe mich immer im Wasser wohlgefühlt.

00:04:35: Ich habe dann im Studium sehr lange unter Wasser Rugby gespielt.

00:04:38: Das war vielleicht der erste Schritt in Richtung Freitauchen, weil man auch da die Luft anhalten muss.

00:04:43: Allerdings nicht sonderlich entspannt, sondern voll unter Action.

00:04:47: Und das war so die Anfangszeit von YouTube.

00:04:51: ungefähr so YouTube-Videos, wo man auch mal andere Sportarten sehen konnte, die ja im Fernsehen eigentlich nie gezeigt werden.

00:04:58: Und nachdem ich so die ersten Videos gesehen hatte, dachte ich, ich will mal einen Anfängerkurs machen, ich probiere das mal aus.

00:05:05: Und nach dem Anfängerkurs war klar, ja, das ist es.

00:05:07: Also, ich habe mich sofort sowohl gefühlt im Wasser, diese Freiheit nur unter Wasser und aber auch die Freiheit vom Atmen müssen.

00:05:16: Das war irgendwie schön.

00:05:17: Das geht, glaube ich, nicht jedem so, die Freiheit vom Nichtatmen müssen.

00:05:22: Also bei den meisten Menschen, glaube ich, löst dieser Gedanke Panik aus.

00:05:27: Wie hast du dich denn dorthin gebracht, den Atem dreieinhalb Minuten anzuhalten?

00:05:35: Ja, aber auch nicht in einer Situation, in der du auf dem Sofa liegst, sondern du bist ja unter Wasser.

00:05:41: Du musst ja die ersten zwanzig, dreißig Meter hart arbeiten, um überhaupt runterzukommen.

00:05:48: Und du musst ja dann aus einhundert Meter Tiefe auch wieder hochkommen.

00:05:51: Das heißt, du arbeitest hier auch, du hast ja eine körperliche Belastung.

00:05:55: Kannst aber trotzdem dreieinhalb Minuten die Luft anhalten.

00:05:59: Wie kommt man da hin?

00:06:00: Wie trainiert man so was, um das zu schaffen?

00:06:03: zwei wesentliche Aspekte.

00:06:04: Das eine ist natürlich der physiologische Aspekt.

00:06:07: Man muss den Körper daran gewöhnen, dass einmal niedrige Sauerstoffwerte nicht so schlimm sind und dass hohe CO-Zweiwerte nicht so schlimm sind.

00:06:15: Der erste CO-Zwei entsteht ja durch den Stoffwechsel und das atmen wir ja nicht mehr ab, wenn wir die Luft anhalten.

00:06:20: und das ist das Wesentliche, was den Atemreiz auslöst.

00:06:23: Und bei den meisten, ja, löst das Panik oder zumindest Unwohlsein aus, hat es bei mir am Anfang natürlich auch.

00:06:30: Aber mit mehr und mehr Training hat einfach mein Körper sich mehr an hohe CO-Zwei-Werte gewöhnt, aber ich mich auch mental an den Atemreis, sodass ich den Atemreiz, den bekomme ich irgendwann in meinem Tauchgang, also nicht so früh, wie es vielleicht andere Menschen kriegen würden.

00:06:45: weil ich das auch nach hinten raustrainiert habe.

00:06:47: Aber wenn der kommt, dann empfinde ich den überhaupt nicht mehr als was Schlimmes oder Lebensbedrohliches.

00:06:52: Sondern etwas, Aja, Atemreiz ist da, Haken dran, fertig.

00:06:56: Ich krieg davon keine Angst, keine Panik.

00:06:58: Das ist kein sonderlich schönes Gefühl.

00:07:00: Das bräuchte ich jetzt auch nicht jeden Moment meines Tages.

00:07:03: Aber ich hab da überhaupt keine negativen Emotionen mehr mit verknüpft.

00:07:06: Und das macht's mir, glaub ich, einfacher, die Luft anzuhalten.

00:07:10: Und wie war der Weg dorthin?

00:07:11: Hast du angefangen, indem du mal für wenige Sekunden den Atem angehalten hast und dann ... Du hast dich wahrscheinlich so ranketastet, dass du von fünf Meter auf zehn Meter Tiefe gegangen bist und so weiter.

00:07:22: Und das ist ja auch wichtig, weil ich stell mir Freitauchen so vor, als die einzige Sportart, in der eine Selbstüberschätzung brutal bestraft wird?

00:07:34: Ja, die Selbstüberschätzung würde definitiv brutal bestraft.

00:07:37: Wenn man alleine im Wasser ist und die Luft anhält und das zu lange tut, dann ertrinkt man.

00:07:41: Punkt.

00:07:43: Von daher, jeder, der diesen Sport ausprobieren sollte, definitiv niemals alleine und bitte in professionellen Kurs machen, weil man da die wesentlichen Sicherheitsregeln lernt, damit es eben nicht fatal endet.

00:07:54: Also das vielleicht mal vorne weg.

00:07:57: Und der Rest ist tatsächlich einfach schrittweise Training, wie man sich daran gewöhnt.

00:08:02: Und es muss gar nicht im Wasser beginnen.

00:08:03: Also für mich war das tatsächlich, ich habe auf dem Bett gelegen und einfach immer länger die Luft angehalten und so ein bisschen geguckt, wo sind meine Grenzen, was passiert in meinem Körper, wie gewöhn ich mich daran.

00:08:12: Und durch den Kurs hatte ich natürlich auch erste ... Trainings-Tools, mit denen ich dann arbeiten konnte.

00:08:20: Man hält so nach verschiedenen Tabellen eben die Luft an, um den Körper entweder an hohe CO-Zweibärte zu gewöhnen oder an niedrige Sauerstoffwerte.

00:08:27: Und so entwickelt man sich danach und nach voran.

00:08:30: Mit der Tiefe kommt natürlich noch ein Element dazu, was es ein bisschen schwieriger macht, als einfach nur auf dem Bett die Luft anzuhalten.

00:08:39: Man muss einmal den Druckausgleich für die Ohren beherrschen, da muss man viel Zeit rein investieren, weil wer schon mal im Pool nach unten getaucht ist, da kommt es da Druck und es wird auch irgendwann schmerzhaft.

00:08:49: Und wenn man diesen Druck nicht ausgleicht, dann reißt das Trommelfell.

00:08:53: Und das ist definitiv keine gute Sache.

00:08:55: Von daher muss man da eine Technik erlernen.

00:08:57: Und kann sich dann langsam in die Tiefe vorarbeiten, wenn man das kann.

00:09:01: Dann kommt halt ganz stark der mentale Aspekt dazu, jeder Meter, den ich nach unten gehe, den muss ich auch wieder rauf.

00:09:07: Und irgendwann kommt mal an den Punkt, wo man die Oberfläche auch nicht mehr sieht.

00:09:11: Da können durchaus Ängste entstehen, mit denen man sich erst mal auseinandersetzen muss und die man dann bearbeiten muss.

00:09:16: Aber welcher Tiefe wird's dunkel?

00:09:18: Das kommt natürlich drauf an, wo du bist.

00:09:20: Im See kann das schon so nach fünf Metern Stock dunkel sein hier in Deutschland.

00:09:24: Im Meer, in der Regel ein bisschen später, da, wo wir so unterwegs sind.

00:09:28: In der Karibik war ich auf hundert Meter und da war noch Licht.

00:09:32: Es ist wirklich sehr unterschiedlich, je nachdem, wo man unterwegs ist und zu welcher Tageszeit.

00:09:36: Aber es kann auch schon mal stockdunkel werden.

00:09:38: Ich war letztes Jahr in die Caragoa, in einem Vulkankratersee tauchen.

00:09:43: Ja, da war schon dunkel.

00:09:45: Und die Orientierung hast du über das Seil dann hauptsächlich, oder?

00:09:48: Weil du tauchst ja an diesem Seil entlang.

00:09:52: und berührst es aber in der Regel nicht, sondern holst dir unten am Ende des Seils dann die Marke, auf der dann die Tiefe steht, die du erreicht hast.

00:10:01: Ich habe mich gefragt, als ich mir das mal angesehen habe, und mittlerweile gibt es tolle Bilder unter Wasser.

00:10:05: Ich glaube, ihr habt auch mittlerweile eine andere Technik und auch Drohnen.

00:10:09: Ja, die Kameradrohnen haben das revolutioniert.

00:10:11: Ja, genau.

00:10:11: Also, es sind tolle Aufnahmen, gerade mit den großen Monofinden.

00:10:14: Und wenn du da runtergleitest, das sieht wirklich wunderschön aus.

00:10:18: Und dann sind unten die Marken in dieser Tiefe von über einhundert.

00:10:21: Meter.

00:10:22: Und die nimmst du dann und dann geht's wieder nach oben.

00:10:26: Musst du vorher schon angeben, wie tief du tauchen wirst, damit dort auch die Marke hängt?

00:10:31: oder wie funktioniert das?

00:10:33: Ja, im Prinzip genauso.

00:10:34: Also bei einem Wettkampf müssen wir in der Regel am Vortag bis zu fünfzehn, sechszehn Uhr die Tiefe angesagt haben, die wir am nächsten Tag machen müssen.

00:10:41: Und danach werden auch die Startlisten erstellt.

00:10:45: Und das ist natürlich ein bisschen Poker-Spiel, zu gucken, was, glaub ich, wie tief sagen die anderen an?

00:10:51: Wie tief möchte ich gehen?

00:10:52: Wie viel Risiko möchte ich gehen?

00:10:55: Geh ich lieber auf Nummer sicher und warte auf die Fehler der anderen?

00:10:58: Oder gehe ich all in mit dem Risiko, dass ich dann völlig aus den Medaillen

00:11:02: rausfalle?

00:11:03: Es ist auch taktig dabei.

00:11:04: Es ist sehr viel taktig dabei.

00:11:05: Aber gleichzeitig immer unter Abschätzung natürlich der eigenen Leistungsfähigkeit.

00:11:10: Es ist aber auch wichtig, dass wir diese Tiefen vorher angeben, weil wenn erst am nächsten Tag alle quasi in einer offenen Leintauchen würden, also erst in dem Moment, wo du tauchst, entscheidest, wie tief du gehst.

00:11:20: Und vor dir ist einer... relativ tief gegangen, dann könnte es dich motivieren, in eine Tiefe vorzudringen, in die du vielleicht noch nicht gehörst.

00:11:29: Darum der Tag vorher?

00:11:30: Genau, das muss natürlich auch von den Sicherungstauchern alles geplant werden, wann die Abtauchen um uns zu sichern.

00:11:36: Das ist halt schon ein sehr komplexer Prozess, damit wir unseren Sport sicher betreiben können.

00:11:40: Da zählt es einfach dazu, dass man am Tag vorher die Tiefe angebt.

00:11:44: Genau da endet dann auch das Seil mit so einem Stopper, also ich bin ja in diesem Führungsseil gesichert.

00:11:51: Da hab ich die Orientierung, da kann ich nicht verloren gehen.

00:11:55: Und es ist halt da zu Ende, wo ich hin möchte.

00:11:58: Und ich komm auch nicht mehr tiefer.

00:12:00: Das ist halt ein Riesenvorteil und stellt einfach auch sicher, dass ich jetzt nicht plötzlich zehn Meter mehr mache, als ich sollte, weil dann wird es natürlich gefährlich.

00:12:09: Und hast du schon den Moment gehabt, dass du dann auf onehundertzwei Meter, ich glaube, dein Rekord bisher im Freitauchen liegt bei onehundertzwei Meter und die hundertsebzehn Meter, die ich genannt hatte, das ist am Schlitten, dann fährst du quasi an einem Saal, an einem Abschritten runter.

00:12:24: Ja,

00:12:24: das müssen wir vielleicht noch kurz erklären.

00:12:25: Also es gibt verschiedene Disziplinen im Freitauchen, auch im Tieftauchen.

00:12:29: die offiziellen Wettkampfdisziplinen, die sind alle aus eigener Kraft.

00:12:33: Aus eigener Kraft runter und auch wieder rauf schwimmen.

00:12:35: Und dann gibt's noch die Schlittendisziplinen.

00:12:39: Da geht man mit einem Gewicht in die Tiefe und entweder aus eigener Kraft wieder hoch oder mit einem Hebesack wieder hoch.

00:12:45: Also muss ich überhaupt nicht aus eigener Kraft bewegen.

00:12:48: Das sind keine Wettkampfdisziplinen, sondern nur noch so Rekorddisziplinen, weil das logistisch ... sehr umfangreich ist und für ein Wettkampf einfach zu gefährlich wäre.

00:12:59: Von daher, das machen wir nur als Rekorddisziplin.

00:13:01: Und das fehlt auch sehr wenig, mittlerweile praktiziert.

00:13:05: Also aus eigener Kraft ist das, was wir bei der Wettmeisterschaft machen.

00:13:07: Und da sind's die Hundertzwei, genau.

00:13:08: Da sind's

00:13:09: die Hundertzwei.

00:13:10: Und als du die einhundertzwei Meter getaucht bist, frei, diese Tiefe hast du dir am Tag vorher überlegt und hast dir die zugetraut.

00:13:20: Hast du dort bei diesem Tauchgang oder bei anderen Tauchgängen, weil es ist ja auch ein Sport und es gibt Weltmeisterschaften und so weiter, bist du dann unten mal angekommen und hast dir gedacht, na ja, eigentlich hätte ich ja nochmal drei, vier Meter weiter tauchen können.

00:13:31: Das habe ich nicht, ich habe das nicht richtig eingeschätzt, da wäre noch mehr drin gewesen.

00:13:36: Oder auch andersrum hast du unten die Marken gesehen und dann aber bei neunzig Meter festgestellt beispielsweise, ich kann nicht mehr und hast dann abgebrochen.

00:13:45: Das Problem ist ja unten ist grad mal die Hälfte des Weges.

00:13:49: den ich zurücklegen muss.

00:13:51: Der Weg nach unten ist der einfache Weg, in dem Sinne, dass ich da ja auch freien Fall habe, den meisten Zeit.

00:13:57: Das heißt, man kommt unten eigentlich immer in einem sehr guten Zustand an.

00:14:01: Man hat noch keinen Atemreiz, man war eigentlich sehr entspannt und hat das genossen in der Regel.

00:14:07: Wenn ich nicht unten ankomme, lag es eher daran, dass ich beim Druckausgleich Probleme hatte in den Ohren.

00:14:11: Nicht, weil ich mich irgendwie schlecht gefühlt hätte.

00:14:15: Das heißt, wenn ich unten ankomme, bin ich erst mal glücklich.

00:14:19: ob ich noch tiefer hätte tauchen können, das weiß ich erst, wenn ich oben angekommen bin.

00:14:23: Also, wenn es einem unten gut geht, heißt es noch lange nicht, dass es einem nachher oben wieder gut gehen wird, weil hundertzwei Meter sind auch langer Weg nach oben.

00:14:31: Wenn wir uns den Tauchgang angucken, den ich damals gemacht habe, diese hundertzwei, es war wirklich ein wunderschöner Weg nach unten, auch Druckausgleich perfekt funktioniert, von daher hätte ich theoretisch tiefer gehen können.

00:14:43: Auf den Weg nach oben hab ich auf den letzten zwanzig Metern schon gemerkt, dass das sehr knapp wird.

00:14:48: Weil das ist anstrengend, man verbraucht viel Sauerstoff.

00:14:51: Es war der letzte Tauchgang der WM, da hat man schon sehr viel Kraft gelassen.

00:14:56: Den Tauchgang unten hätte ich vielleicht gesagt, ich hätte tiefer gehen können, als ich oben ankam, definitiv nein.

00:15:02: Also, da war ein Hundertzwei das Maximum, was an dem Tag drin war.

00:15:06: Hat zum Glück geklappt.

00:15:08: Und es ist wichtig, um die Taucherinnen und Taucher da zu schützen.

00:15:10: Auf jeden Fall.

00:15:12: Also dann im Anflug der Selbstüberschätzung beziehungsweise des Flows kann es dann ja schon passieren, man dann sagt, okay, komm, ich lege noch mal ein paar Meter drauf und weil es so schön ist hier unten uns passt, ich fühle mich gut.

00:15:23: Aber dann, wie du sagst, man muss wieder nach oben.

00:15:25: Der harte Teil ist der Weg nach oben, das ist das Problem bei uns.

00:15:28: Der harte Teil ist der Weg nach oben, weil du musst ja so die ersten Meter richtig strampeln.

00:15:34: Also wenn du die Finde dann an den Füßen hast, die Monofinde, dann trittst du ja richtig gegen... Ja.

00:15:41: Ich

00:15:41: schwimm gegen die Erdnanzierungskraft

00:15:43: an.

00:15:44: Und da ist es ja schon so, dass die Kraft kostet, das versteh ich.

00:15:48: Aber wann wird's denn einfacher?

00:15:51: Also ich hab so ungefähr ab zwanzig Meter wieder Auftrieb.

00:15:54: Es wird schon ein bisschen einfacher davor, weil dann einfach der Abtrieb geringer wird.

00:15:57: Je mehr meine Lungen sich wieder ausdehnen, also durch den Druck in der Tiefe, wird ja meine Lunge auf so die Größe einer Faust komprimiert.

00:16:04: Das heißt, ich hab überhaupt keinen Auftrieb und bin unten sehr schwer.

00:16:08: Und die größer sie wird, desto einfacher wird das natürlich auf dem Weg nach oben.

00:16:11: Und so richtig Auftrieb habe ich erst wieder ab zwanzig Meter.

00:16:14: Da mache ich dann noch ein, zwei Flossenschläge und den Rest lasse ich mich nach oben gleiten in der Regel.

00:16:19: Den Rest macht dann der Auftrieb.

00:16:22: Ja, ist aber auch gut so, weil dann hat man auch nicht mehr viel Kraft übrig.

00:16:25: Woher kommt denn die Luft dann für den Auftrieb?

00:16:27: Also, das Lungenvolumen liegt ja so ungefähr bei so sechs Liter.

00:16:31: Nehmen wir mal sechs Liter.

00:16:32: Genau, und einbar sind an der Wasseroberfläche oder an Land so ungefähr der Luftdruck.

00:16:36: Und dann geht es runter.

00:16:38: und du hast ja gerade gesagt, die Lunge wird komprimiert auf die Größe einer Faust.

00:16:43: Ja, hundert

00:16:43: Meter sind elf Bar.

00:16:44: Elf Bar,

00:16:45: genau.

00:16:45: Da bleibt nicht viel Volumen übrig dann.

00:16:47: Du hast noch eine Sauerstoff.

00:16:49: Sättigung im Blut, die liegt aber nur, glaub ich, bei fünfzig Prozent, ist extrem niedrig und aus dem Grund auch extrem gefährlich.

00:16:59: Du schwimmst gegen die Erdanziehungskraft.

00:17:01: Ja, aber woher kommt denn dann der Auftrieb?

00:17:04: Weil Luft in der Lunge ist dann ja eigentlich gar nicht mehr vorhanden großartig.

00:17:07: Ja, das

00:17:08: Volumen kommt ja zurück, wenn ich aufsteige.

00:17:10: Ich hab halt dann, sagen wir mal, diese Faustgröße auf hundert Meter Tiefe.

00:17:15: Und wenn ich hochtauche, dann sinkt ja der Druck.

00:17:17: Und das Volumen kann sich in der Lunge wieder aufziehen.

00:17:19: Und

00:17:19: das reicht aus und ich wieder ...

00:17:21: Ich verliere ja nichts unterwegs.

00:17:23: Ich spucke ja keine Luft aus, ein bisschen wird vom Körper verbraucht, ein bisschen brauche ich den Druck ausgleich in den Ohren.

00:17:28: Im Grunde geht ja von dem Volumen, was ich an der Oberfläche hatte, nichts verloren auf dem Weg.

00:17:33: Ich komme so mit dem ziemlich gleichen Volumen auch wieder oben an.

00:17:37: Das ist der Vorteil da dran.

00:17:38: Ja.

00:17:39: Und andersrum, wenn du runtergehst, dann ist es ja so, dass du dann auch zuerst, weil du so viel Luft in der Lunge hast, bevor sie komprimiert wird.

00:17:48: Genau.

00:17:49: dann auch richtig anstrengend runtertauchen muss und ab einer gewissen Tiefe fälltst du nur noch.

00:17:55: Nämlich dann, wenn die Lunge so komprimiert ist, dass du nur noch das Körpergewicht quasi hast, ohne Auftrieb.

00:18:02: Und ab wann passiert das?

00:18:04: Also an der Oberfläche bin ich ja wirklich wie so ein Ballon aufgepustet.

00:18:07: jedes bisschen Luft und Sauerstoff mitnehmen, was ich kriegen kann.

00:18:10: Also da wirklich reintreten, um von der Oberfläche wegzukommen.

00:18:14: Und auf zwanzig Meter Tiefe ist meine Lunge nur noch ein Drittel so groß wie an der Oberfläche.

00:18:19: Und das ist auch ungefähr der Bereich, wo ich theoretisch in den freien Fall übergehen kann.

00:18:24: Der wäre am Anfang noch sehr langsam.

00:18:26: Das heißt, ich schwimme in der Regel schon noch so bis ungefähr vierzig Meter, um nicht zu viel Zeit zu verlieren.

00:18:31: Aber vierzig Meter ist der freie Fall dann durch die Erdanziehungskraft so schnell und durch den geringen Auftrieb, dass ich, ja.

00:18:37: dass dann genießen kann, dann kann ich die Beine still hängen lassen und einfach warten, bis ich unten ankomme.

00:18:43: Schwäbst

00:18:43: runter.

00:18:44: Ja, man fühlt, wie das Wasser durchs Gesicht fließt, wie es an den Händen vorbei fließt.

00:18:50: Ist das das schönste Teil?

00:18:53: Auf jeden Fall einer der schönsten.

00:18:55: Also ich genieße das immer sehr, wenn ich dann den freien Fall übergehe und dann mich einfach nur dem Meer übergebe quasi und warte, bis ich unten bin.

00:19:02: Das ist schon schön.

00:19:03: Ich bin natürlich auch noch mit Dingen beschäftigt, den Druckausgleich.

00:19:06: Da muss ich mich sehr stark darauf konzentrieren, um überhaupt runterzukommen in die Tiefe.

00:19:10: Aber im Grunde ist das schon ein sehr schöner Moment.

00:19:13: Ja, das klingt wirklich sehr interessant.

00:19:15: Und ich frag mich, also gerade weil du ja so entspannt sein musst, ja, und der Parasympathikus, also Teil des autonomen Nervensystems, der für die Entspannung verantwortlich ist und uns halt in diese Ruhephase transportiert, der wird aktiviert bei dir, sonst wärst du ja nicht so entspannt und sonst würde ja auch die Herzfrequenz nicht sinken.

00:19:37: Weil die muss ja sinken, weil sonst würdest du ja nur wenige Meter schaffen.

00:19:40: Jeder Herzschlag verbraucht Sauerstoff, ja.

00:19:42: So ist es.

00:19:43: Auf welche Herzfrequenz kommst du denn in dieser Tiefe?

00:19:46: Ja,

00:19:46: es ist schwer, dass in der Tiefe wirklich genau zu messen.

00:19:50: Aber so irgendwas in den Dreißigern ist das auf jeden Fall.

00:19:53: Deine normale Herzfrequenz, wo ist die?

00:19:55: Ruhige Herzfrequenz in der Nacht liegt so um die vierzig.

00:19:58: Durch den Sport hast du durch den Sport?

00:20:00: Ja, ich

00:20:00: denke auch durch den Sport.

00:20:02: Aber ich kann halt durch gewisse Atemübungen auch an der Wasseroberfläche meine Herzfrequenz sehr gut runterbringen.

00:20:09: durch die Aktivierung des Parasympathikus wahrscheinlich.

00:20:12: Und das ist spannend, weil eigentlich ist dann ja freitauchen die einzige Sportart, in der man erfolgreich ist, wenn man maximal entspannt kann.

00:20:22: Also wenn man maximal den Parasympathikus aktiviert, Weil sonst bist du ja voll mit Adrenalin und du musst ja, wenn du läufst oder Rennrad fährst oder andere Sportarten, Fußball und so weiter, du bist ja dann voll im Moment und du bist ja gar nicht entspannt, sondern genau das Gegenteil.

00:20:39: Beim Freitauchen musst du maximal entspannt sein.

00:20:42: Und das stelle ich mir schon sehr spannend vor, weil du hast ja auch eine gewisse Aufregung, oder?

00:20:47: Vor dem Tauchen.

00:20:48: Oder kannst du das wirklich so regulieren, dass du weißt, okay, jetzt gehts hundert Meter runter.

00:20:53: Das ist nicht ganz ungefährlich.

00:20:55: Und ich muss mich auf so viele Dinge konzentrieren, aber ich bin maximal entspannt und ich weiß, meine Herzfrequenz geht unter dreißig Schlägen runter.

00:21:03: Du musst dich dann auch so auf dein Körper verlassen können.

00:21:06: Und wie bekommst du das hin, dass du wirklich gar nicht aufgeregt bist?

00:21:09: Ja, das ist genau der Trick bei der Sache.

00:21:13: Es muss eigentlich dann so ein WM-Tauchgang der entspannteste Moment des Jahres werden, wenn man es mal so sehen möchte.

00:21:19: Da zählt einfach jedes spitzelchen Sauerstoff zu sparen.

00:21:22: Das gelingt mir durch verschiedene Techniken.

00:21:26: Also einmal wirklich die... mentale Vorbereitungen, die schon teilweise Monate oder Wochen vorher beginnt.

00:21:32: Indem ich mir über Visualisierung schon alles vorstelle.

00:21:37: Ich stelle mir vor, wie wird der Tauchplatz aussehen?

00:21:39: Welche Menschen sind da?

00:21:40: Welche Geräusche sind zu hören?

00:21:42: Dass, wenn ich dann in die Situation komme, mich nichts mehr schockt und ich auch meine Aufmerksamkeit nicht mehr drauf lenken muss.

00:21:48: Weil ich irgendwie das schon innerlich verarbeitet habe, was da so alles auf mich zukommt.

00:21:53: dann nutze ich aber auch so gewisse Anker, die mir Ruhe geben.

00:21:58: Ja, sobald ich an dieses Seil komme, dieses Tauchseil, an dem ich gesichert bin, ich fühle das erst mal und hab das für mich so zu einem Moment gemacht, sobald ich dieses Seiler greife, werde ich ganz entspannt und ruhig und begebe mich in meinen Tunnel, in meinen Prozess, den ich jetzt brauche.

00:22:16: Der nächste Punkt ist dann wirklich voll konzentriert und im Prozess zu sein.

00:22:21: Und ... eigentlich überhaupt keinen Raum mehr für zu viele Emotionen zuzulassen.

00:22:26: Positive Emotionen lasse ich bewusst zu, sowas wie Dankbarkeit ist eine superstarke Emotion.

00:22:32: Freude kann man auch erzeugen, sich einfach freuen, dass man gerade in einer Situation ist, einem so viele Leute helfen und man jetzt gerade einen richtig schönen Tauchgang vorbereitet und machen kann.

00:22:41: Also positive Gedanken mit in den Start reinzunehmen und dann wirklich voll fokussiert zu sein auf den Prozess.

00:22:48: um eben so was wie Nervosität, Angst, Erwartungshaltung überhaupt nicht hochkommen zu lassen.

00:22:56: Und was einem auch dabei hilft, in diesen Prozess zu kommen, sind dann die Atemübungen.

00:23:00: Und ich glaube, das ist was, was wir im Freitauchen sehr effektiv mittlerweile nutzen.

00:23:05: Ich glaube, auch andere Sportarten könnten davon profitieren, weil es einem zwar ... auch Ruhe verschaffen kann, aber eben auch den Fokus bringt, den man vielleicht für eine Aufgabe braucht.

00:23:16: Und da sind Atemübungen.

00:23:20: weil die Atmung direkt mit dem Parasympathikus verbunden ist.

00:23:23: Du kannst direkt auf dein Nervensystem zugreifen über deine Atmung.

00:23:26: Durch schnelles Atmen wirst du aktiviert und durch langsames Atmen wirst du entspannt.

00:23:32: Meinetwegen doppelt so lange ausatmen wie einatmen.

00:23:35: Wenn man das für eine Minute macht, ist man schon viel entspannter als vorher.

00:23:39: Puls geht runter, Blutdruck geht runter.

00:23:41: So eine Wunderwaffe, die immer jederzeit bei sich hat und die super gegen Stress hilft.

00:23:47: Und das kann man natürlich über gewisse Techniken auch noch intensivieren.

00:23:51: Und das machen Freitaucher entsprechend.

00:23:53: Ja, das Atemtraining, das ist mir bewusst, aber du hast das super ausgeführt.

00:23:58: Aber was mich interessiert ist, wie regulierst du deine Gedanken?

00:24:03: Weil, wenn das tatsächlich so die entscheidende Komponente ist, um in diesen Zustand zu kommen, wie hast du das gelernt?

00:24:11: Das ist jahrelanges Training natürlich auch.

00:24:13: Das entscheidet man nicht heute, dass ich ab morgen noch gute Laune habe zum Beispiel.

00:24:17: Das funktioniert auf die Art und Weise nicht.

00:24:20: Ich würde sagen, der Anfang des Prozesses war erst mal meine eigenen Emotionen überhaupt wahrzunehmen.

00:24:25: Das Wort Achtsamkeit ist ja so ein Modethema.

00:24:28: Aber da geht es im Prinzip genau darum, überhaupt zu spüren, wie geht es mir?

00:24:34: Was machen Dinge im Alltag mit mir?

00:24:37: Was verursacht bei mir Stress?

00:24:38: Wie reagiere ich auf Stress?

00:24:40: Welche Leute machen mir schlechte Laune?

00:24:41: Welche Leute machen mir gute Laune?

00:24:44: Und daraufhin, wenn ich es einmal wahrgenommen hab, kann ich auch bewusste Entscheidungen dazu treffen.

00:24:49: Also, wenn jetzt zum Beispiel mich jemand ärgert oder ich fühle, dass er mich ärgert, macht das ja erst mal innerlich was mit mir.

00:24:58: Ich kann dann wütend werden, sauer werden.

00:25:02: Dann hat er aber vielleicht gewonnen, wenn das seine Absicht war.

00:25:04: Das will ich ja schon mal nicht.

00:25:05: Aber ich will ja diese negativen Gefühle ja auch gar nicht.

00:25:08: Es ist völlig normal, dass die erst mal hochkommen.

00:25:11: Ich kann ja die Entscheidung treffen, sie zu regulieren.

00:25:13: Und sie nicht so heftig zuzulassen, wie ich es vielleicht in der Vergangenheit getan habe.

00:25:19: Ich kann das regulieren über entweder Mitleid mit der Person, dass sie vielleicht keine andere Handlungsmöglichkeit hatte.

00:25:27: Oder einfach darüber ... ist ein Problem dieser Person.

00:25:31: Es ist nicht mein Problem.

00:25:33: Wenn diese Person schlechte Laune hat, warum soll das mir schlechte Laune machen?

00:25:38: Also, sich langsam erst mal seine eigenen Gefühle bewusst zu werden und irgendwann bewusst zu lernen, diese Emotionen auch zuzulassen oder eben nicht zuzulassen.

00:25:51: Und man kann seine Emotionen ein Stück weit steuern.

00:25:54: Emotionen unterdrücken würde ich glaube ich nicht empfehlen, weil Emotionen sind auch sehr wichtig, um viel über sich selber zu erfahren und überhaupt auch erst mal zu verstehen, was macht eine Situation mit mir.

00:26:06: Aber ich kann dann entscheiden, was ich am Ende wirklich alles so zulasse und wie ich in der Situation umgehen möchte.

00:26:11: Mein Trainer oder Mental Trainer hat halt immer gesagt, du bist nicht deine Gedanken, du bist die Person, die deine Gedanken steuert.

00:26:19: Ja und mit dem Ansatz kann man nach und nach sehr viel erreichen.

00:26:23: Das klingt sehr gut.

00:26:24: Das klingt sehr gut.

00:26:26: Aber

00:26:27: es klingt einfacher, als es ist.

00:26:29: Man muss es immer wieder praktizieren.

00:26:32: Es klingt einfacher, aber es ist definitiv sehr alltagstauglich.

00:26:35: Und es gibt bestimmt einige, die sich jetzt fragen, hat die Agente Verwendlern ein paar Tricks?

00:26:41: Ja, aber es ist halt wirklich kein Trick von heute auf morgen, ne?

00:26:44: Sondern der Trick ist wirklich, wenn ich eine negative Emotion spüre, sich zu überlegen, wo kommt sie her?

00:26:49: will ich sie jetzt zulassen oder nicht, das zu entscheiden.

00:26:54: Angst ist vielleicht da auch ein ganz starkes Thema.

00:26:58: So Angst ist ja evolutionär gesehen sehr wichtig für uns, weil es uns davon abhält, was Dummes zu tun, unser Leben zu riskieren oder unsere Gesundheit zu riskieren.

00:27:10: Ist erst mal hilfreich.

00:27:12: Aber ... Es gibt kaum noch was in unserem Alltag, was uns wirklich Angst machen sollte.

00:27:18: Und trotzdem haben wir vor allem möglichen, auch diffusen Dingen Angst.

00:27:22: Und da dann einfach auch mal zu überlegen, warum macht mir etwas Angst?

00:27:26: Also nicht die Angst zu unterdrücken, sondern wirklich mal zu überlegen.

00:27:29: Warum macht es mir Angst?

00:27:30: In der Regel ist Angst was völlig irrationales.

00:27:33: Es ist eine Geschichte, die wir uns über die Zukunft erzählen, die noch überhaupt nicht eingetreten ist.

00:27:38: Und diese Zukunft können wir ja auch noch beeinflussen.

00:27:41: Also warum muss ich da vor Angst haben?

00:27:43: Und selbst wenn ich die Zukunft nicht mehr beeinflussen kann, dann muss ich auch keine Angst vor haben, weil ich weiß ja schon was kommt.

00:27:50: Also es ist glaube ich so ein bisschen die Einstellung, wie man an so Sachen dran geht und sich auch bewusst mal mit Emotionen auseinandersetzt.

00:27:57: Die Einstellung und auch die Erfahrung, richtig?

00:27:59: Ja.

00:28:00: Du hast in welchem Alter angefangen, auf dieses Weltklasse-Niveau zu kommen im Freitauchen?

00:28:08: Also, mein ersten Tieftauch-Wettkampf hab ich mit dreißig Jahren gemacht.

00:28:12: Würdest du sagen, dass du auch erst mit dreißig anfangen konntest, weil du mental so weit gewesen bist?

00:28:18: Mhm.

00:28:18: Durch die Trainings, durch die Gedankensteuerung und Emotionensteuerung, dass du erst in diesem Alter an einem Punkt warst, so weit runter in die Tiefe zu gehen?

00:28:28: Also ich glaube, hätte ich den Sport eher für mich entdeckt, wäre ich auch schon eher in die Tiefe gegangen und hätte vielleicht auch eher schon diese Fähigkeiten entwickelt.

00:28:36: Also ich glaube, auf der einen Seite, sag mal, durch ... Alter und Reifheit wird man natürlich auch besser darin gegeben, falls seine Emotionen zu erkennen und zu steuern und damit umzugehen, wenn einem das Thema wichtig ist, wenn man sich damit beschäftigt.

00:28:50: Und der Sport hat mir eigentlich mehr Zugang dazu gegeben, weil ich irgendwann gespürt habe, ich komme in diesem Sport nicht weiter, wenn ich mich nicht mit meinen Ängsten z.B.

00:29:00: auseinandersetze.

00:29:01: Wenn wir sind da draußen im offenen Meer und du siehst den Grund nicht mehr, da unten ist es dunkel, da gibt es bestimmt irgendwelche Seemonster, keine Ahnung.

00:29:08: Es gibt gewisse Dinge, mit denen muss man sich da auseinandersetzen.

00:29:12: Und ich glaube, das hat mich am Freitauchen auch so ... und mich am Ende so gefesselt, dass ich gemerkt habe, ich lerne nicht nur körperlich extrem viel dazu, sondern das, was ich da mental lerne, das bringt mir auch fürs Leben was.

00:29:27: Mit Ängsten umzugehen, mit sozialer Angst, mit Erwartungsdruck umzugehen, sich davon nicht verrückt machen zu lassen, solche Dinge einfach.

00:29:35: Also ich glaube, es war eher, dass das Freitauchen ... Mir geholfen hat, diese Ruhe zu entwickeln, als dass ich schon vorher die Ruhe hatte und deshalb zum Freitauchen gekommen bin.

00:29:47: Ich war auch ein getriebener Mensch in meinen zwanzigern auf jeden Fall.

00:29:52: Ja, und gerade diese Angstregulation, die ist ja sehr spannend, weil du hast es treffend ausgedrückt, es ist etwas, was in der Zukunft passieren konnte.

00:30:00: Und wenn du halt vor diesem Tauchgang bist und in dieser Phase ... Jetzt bist du erfahren und du weißt, in der Regel passiert dir da unten nichts und du kannst es selbst steuern, du kennst dein Körper gut, du kannst deine Kräfte einteilen.

00:30:14: Aber wie ist das denn am Anfang gewesen, als du angefangen hast, zu tauchen?

00:30:18: Hattest du da große Angst?

00:30:21: Ich würde es nicht als Angst so wirklich beschreiben, aber es war schon natürlich am Anfang so ein Fängerkurs, man macht dann so fünfzehn bis zwanzig Meter.

00:30:30: Und denke ich schon, das ist jetzt auch außerhalb meiner Komfortzone.

00:30:34: Da war ich definitiv unterwegs.

00:30:36: Ich würde es nicht als richtig Angst beschreiben.

00:30:38: Ich glaube, sonst hätte ich es nicht machen können.

00:30:40: Das ist aber vielleicht auch das Wichtige, gerade bei uns im Sport, Ausbilder und Trainer zu haben, die zwar schaffen, dich immer wieder ein Stück aus der Komfortzone rauszubringen, sonst lernt man ja nichts, sonst kommt man nicht voran, wenn man in meiner Komfortzone bleibt, die aber auch sicherstellen, dass nicht Angst und Panik drausfährt.

00:30:57: Weil wenn ich anfange, das Freitag irgendwann nur noch mit negativen Emotionen wie Angst und Panik zu verbinden, dann werde ich mich auch nicht weiterentwickeln.

00:31:04: Also da die Balance zu finden, ich glaube, das ist der Trick für jeden Athleten, aber auch für die Arbeit der ...

00:31:10: Also es geht nicht darum, Angst zu überwinden im ersten Schritt, sondern schrittweise aus der Komfortzone herauszukommen.

00:31:16: Und auch jemand zu haben, der einen dabei begleitet, sodass man sich nicht selbst überschätzt und dann halt etwas passiert weiß.

00:31:24: Es gibt ja leider auch tragische Unfälle beim Freitauchen.

00:31:26: Ja.

00:31:28: Da ist halt Selbstüberschätzung ein großes Thema.

00:31:31: Und ich habe leider auch Freunde dadurch verloren.

00:31:33: Die dachten, sie könnten alleine tauchen gehen im See und hat halt nicht funktioniert.

00:31:38: Also, dass es einfach eine Sache freithauchen darf, darf man einfach nie alleine machen.

00:31:42: Das ist die allererste Regel.

00:31:43: Ja, eine ganz, ganz wichtige Message.

00:31:46: Wenn du jetzt wieder auf dem Weg nach oben bist, du hast das ja gut zusammengefasst, dass du in den ersten Metern ordentlich strampeln musst.

00:31:55: Das machst du alles mit den Beinen, richtig?

00:31:56: Ja,

00:31:56: also in den Disziplinen, die mir am besten liegen, geht's mit den Beinen, ja.

00:32:00: Und ab einer gewissen Tiefe wird's dann einfacher, die Lunge ... Füllt sich wieder mit Luft beziehungsweise die Lunge, wird sich ergrößert, dreht sich aus und die Luft, die dort noch vorhanden ist, bringt dich dann halt auch mit nach oben.

00:32:14: Jetzt gibt es ja die Gefahr des Blackouts.

00:32:17: Das heißt, dass du einfach das Bewusstsein dann verlierst, entweder an der Oberfläche oder kurz unterhalb der Oberfläche, was ja hoch riskant ist.

00:32:27: gerade weil die Saustoffsättigung ja so gering ist und nur noch bei fünfzig Prozent, glaube ich, liegt.

00:32:32: Ja,

00:32:32: kann am Ende des Sauchgangs ungefähr fünfzig Prozent

00:32:34: erreichen.

00:32:35: Ja, das ist schon, das Gehirn hält in diesem Zustand nicht lange durch.

00:32:40: Was passiert da genau?

00:32:41: und hast du das schon erlebt?

00:32:43: Also, ich hatte schon Blackouts in meinem Leben.

00:32:44: Also, wenn ich richtig gezählt habe, waren es vier.

00:32:47: Ich habe es bisher immer an die Oberfläche geschafft.

00:32:50: was ich erst mal ganz gut finde, aber auch in der Oberfläche unmächtig werden und mit Gesicht im Wasser liegen, wäre auch fatal.

00:32:57: Von daher braucht man auch die Sicherungstaucher.

00:33:00: Das Spannende ist, wenn man kommt an die Oberfläche und hat es schon geatmet, aber der Sauerstoff braucht trotzdem noch so fünfzehn Sekunden, bis der dann überhaupt im Gehirn ankommt.

00:33:09: Selbst wenn man schon oben ist und schon atmet, kann man dann immer noch in Umacht fallen.

00:33:12: Das ist halt auch so ein bisschen das, was vielleicht häufig von Leuten unterschätzt wird.

00:33:19: Klar, wenn so ein Blackout unter Wasser passiert, ist das äußerst ungünstig, weil man hat dann ja noch lange Zeit bis zur Oberfläche, bis überhaupt die Möglichkeit besteht, zu atmen und wieder Sauerstoff zu bekommen.

00:33:31: Dafür haben wir unsere Sicherungstaucher, die holen mich so bei dreißig, vierzig Meter Tiefe in der Regel ab.

00:33:36: Und wenn dann was wäre, würden die mich ganz schnell an die Oberfläche bringen, wo ich damit Sauerstoff versorgt werde.

00:33:42: Wenn man jetzt an der Oberfläche erst der Blackout kommt, meist kommt man dann sehr schnell wieder zu sich.

00:33:47: Das sind dann so drei, vier, fünf Sekunden und alles ist wieder gut.

00:33:52: Aber wenn man aus der Tiefe hochkommt, das dauert bei der Athletin schon teilweise länger, bis die wieder zu sich kommen.

00:33:57: Die müssen dann auch vernünftig mit Sauerstoff versorgt werden.

00:34:00: Also wir haben dann eine komplette Rettungskette und alle Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, dass da nichts passiert und Blackout an sich.

00:34:10: Man kriegt ja erst mal nichts mit.

00:34:12: Also für den Athleten ist es, glaub ich, erst mal innerlich von der Gefühlswelt her weniger schlimm, als für alle, die sich das von außen angucken müssen.

00:34:21: Weil ich kriege ja nichts mit.

00:34:22: Ich komme dann am Ende wieder, erst mal so gefühlt aus dem Nichts.

00:34:26: Es war einfach so schwarz, und dann kommt man wieder und merkt, okay, ich bin im Wasser, über mir die Sonne.

00:34:34: Ja, ich hab grad einen Tauchgang gemacht.

00:34:36: Ist, glaub ich, schiefgegangen.

00:34:37: So kommt man dann irgendwie wieder.

00:34:39: Und dann bist du auch disqualifiziert, oder?

00:34:40: Klar,

00:34:41: natürlich.

00:34:43: Den Tauchgang muss man aus eigener Kraft beenden und sich auch selbstständig über Wasser halten können nach einem Tauchgang, also einem Blackout.

00:34:49: Dann ist man nicht mehr selbstständig über Wasser.

00:34:51: Dass man definitiv disqualifiziert, ja.

00:34:54: Was ja auch bitter ist.

00:34:55: Ja, deshalb sollte man seine Grenzen kennen und deshalb das Ziel ist ja wirklich immer, bei gutem Bewusstsein an die Oberfläche zu kommen.

00:35:01: Wir müssen auch noch einen Oberflächenprotokoll absolvieren, also zum Beispiel Nasenklammer und Maske entfernen, ein OK-Zeichen geben in Richtung der Kampfrichter, sagen einem OK in der Reihenfolge.

00:35:14: und also man muss sich orientieren können, man muss Dinge hintereinander abwickeln können.

00:35:18: Dafür braucht man schon noch eine ordentliche Sauerstoffversorgung im Gehirn.

00:35:22: Das würde man sonst nicht schaffen.

00:35:24: Ja, das ist so auch so ein bisschen der Test, wenn man das noch kann, dann hat man's nicht übertrieben.

00:35:29: Aber es klappt halt nicht immer.

00:35:32: Es klappt nicht immer, ja.

00:35:33: Aber trotz dieser Gefahren und dessen, was passieren kann, hört man so richtig die Leidenschaft heraus, warum du das machst.

00:35:43: Da hauchst du noch aktiv, du hast ja die Weltmeisterschaften und die Rekorde aufgestellt.

00:35:48: Ich glaube ... Zuletzt in zwanzig, einundzwanzig oder zwanzig?

00:35:52: Zweiundzwanzig.

00:35:53: Also, Rekord hab ich danach auch noch gemacht, aber WM-Titel war der Letzte in zwanzig.

00:35:57: Bist du immer noch auf diesem Weltniveau?

00:35:59: Also, ich hab dieses Jahr tatsächlich keine Tieftauch-WM gemacht, sondern mal eine Impul, wo es um Strecken tauchen geht.

00:36:06: Da geht's auch auf Speed, da bin ich vierte geworden.

00:36:08: Das war schon ganz cool, dass das so geklappt hat beim ersten Versuch.

00:36:12: Aber ja, ich mach noch Wettkämpfe, das ist ja kein Tiefwettkampf, die kommen nächstes Jahr wieder.

00:36:18: Ich brauchte halt dieses Jahr auch noch mal so eine kleine Auszeit von all diesem Zirkus und wollte auch noch mal was anderes in meinem Leben haben, als immer nur Tieftauchen, Tieftauchen, Tieftauchen.

00:36:29: War, glaube ich, eine gute Entscheidung, weil jetzt hab ich auch wieder richtig Lust drauf.

00:36:32: Und die Freude an dem, was man tut, ist ja wichtig.

00:36:36: Mir ist noch eine Sache eben eingefallen, als du von dieser ... Phase nach dem Tauchgang an der Oberfläche gesprochen hast.

00:36:45: Und zwar, ich habe mir mal einen Tauchgang von dir angesehen.

00:36:49: Und da habe ich gesehen, dass du dann oben an dem Seil hingst, also über der Oberfläche, über der Wasseroberfläche, und hast du so muskuläre Ausfälle gehabt.

00:36:58: Und ich glaube, ihr nennt das Samba.

00:37:01: Ja, genau.

00:37:02: Woher kommen diese Ausfälle?

00:37:03: Das sah wirklich so aus, als wenn du gleich zusammenbrichst und dass du dich gar nicht mehr halten konntest.

00:37:08: Das hängt schon mit der geringen Sauerstoffversorgung zusammen und dann kriegt man erste neurologische Ausfälle.

00:37:14: Also der Körper ist nicht mehr ausreichend, das Kind ist nicht mehr so viel mit Sauerstoff versorgt, dass ich, sagen wir mal, all meine Muskeln gut koordinieren kann.

00:37:23: Also ich kann meine Hand noch ansprechen, aber die Fekte anzuzittern, weil ich einfach schon den Sauerstoff...

00:37:27: Okay, also es ist nicht muskulär, sondern neurologisch?

00:37:30: Okay, weil aber auch die Energieversorgung in den Zellen funktioniert unter Wasser dann ja gar nicht mehr so, wie man das an Land kennt.

00:37:37: An Land, wenn man Sport macht und selbst wenn man sprintet, dann kann der Körper immer noch Energie bereitstellen.

00:37:44: Also wenn man joggt und da in seiner Komfortzone noch ist, dann geht das über die Erobezellenatmung und wenn man dann sprintet über die Anerobezellenatmung, dann ... reicht halt der Sauerstoff nicht mehr aus und dann bedient sich der Körper der Glucose und das Abfallprodukt quasi ist dann Laktat und das kann dann am nächsten Tag halt auch schmerzhaft sein oder schon noch am gleichen Tag.

00:38:06: Und wie ist das bei euch, weil?

00:38:08: Du hast ja nicht ausreichend Sauerstoff.

00:38:10: Die Sauerstoffsättigung liebt bei fünfzig Prozent, ist enorm niedrig.

00:38:14: Normalerweise sind im Medial knapp einhundert, ja.

00:38:17: Über neunzig sollte die Sauerstoffsättigung schon sein.

00:38:20: Und du hast nicht genug Sauerstoff, aber dennoch kannst du halt diese körperliche Leistung erbringen.

00:38:25: Riecht, du bist die ganze Zeit eigentlich im anaeroben Zustand, oder?

00:38:28: Nee, nicht die ganze Zeit.

00:38:29: Ich bin ja erst mal auch aerob unterwegs.

00:38:31: Ich hab ja Luft in der Lunge und ich hab Sauerstoff im Blut und damit kann der Körper ja was anfangen.

00:38:39: Die Anerobephase kommt eigentlich erst so gegen Ende des Tauchgangs.

00:38:42: Okay.

00:38:43: Und dann fühlt sich das auch in den Beinen entsprechend an, wie man sprintet.

00:38:46: Dann kommt auch das Thema Laktat.

00:38:49: Deshalb machen wir auch viel Laktat-Toleranz-Training, um am Ende des Tauchgangs noch die Power zu haben, es an die Oberfläche zu schaffen.

00:38:56: Aber der erste Teil des Tauchgangs ist definitiv Europa.

00:39:00: Also, lange Sauerstoff da ist, nutzt der Körper das auch.

00:39:03: Ab welcher Tiefe gehört man eigentlich zur Weltspitze?

00:39:06: Das verschiebt sich natürlich.

00:39:09: Bei den Frauen in den drei von vier Disziplinen muss man schon so um die hundert Meter machen, um in der Weltspitze zu sein.

00:39:17: Und ist es beim Freitauchen, ich nehm's mal eine Saison, wie auch in den anderen Sportarten, dass halt die Limits immer weiter gepusht werden?

00:39:23: Ja, klar.

00:39:24: Wir haben jetzt viel über auch die Gefahren gesprochen, das ist glaube ich auch ganz, ganz wichtig, weil es ist halt ein Extremesport.

00:39:29: Siehst du da auch eine gefährliche Richtung dadurch, dass halt die Limits weiter gepusht werden?

00:39:35: Ja, und da geht es gar nicht so sehr um die Sauerstoffversorgung, sondern es geht eher um das Thema, ich sag mal, Dekompressionskrankheit im weiteren Sinne.

00:39:47: Wir sind zwar nicht lange unterwegs bei so einem Tauchgang, aber wir gehen sehr tief.

00:39:51: Das bedeutet, in der Tiefe durch den hohen Druck können sich Gase im Körper einfach besser lösen.

00:39:57: Und die müssen dann rauskommen aus dem Blut, wenn ich auftauche.

00:40:01: Und als Freitaucher tauchen wir jetzt relativ zügig schon durchaus auf.

00:40:06: Und da kann es schon sein, dass wir dann eine Blasenbildung im Blut kriegen.

00:40:10: Die ist eigentlich sehr, sehr gering.

00:40:12: Aber bei den Tiefen und Tauchzeiten, die mittlerweile erreicht werden, gibt es schon Fälle bei Athleten.

00:40:21: die dann quasi eine Art Schlaganfall bekommen, dadurch, dass sie dann eben so eine Luftblase im Gehirn bekommen haben.

00:40:28: Und das ist, glaube ich, eine Gefahr, die mit steigender Tiefe auch größer wird.

00:40:34: Und da haben wir auch noch kein wirkliches Mittel für in unserem Sport.

00:40:37: Also klar kann man auch hinterher De-Kompressionen und so ein Stück weit nachholen.

00:40:42: Aber wenn es einmal passiert ist, dann bist du halt erstmal medizinischer Notfall.

00:40:46: Und das ist, glaube ich, eine Schwierigkeit, vor der unser Sport gerade steht, wie wir damit umgehen.

00:40:52: Wettkämpfe sollten eigentlich nur da stattfinden, wo für eine schnelle Behandlung auch nur Druckkammer dann bereitsteht.

00:40:59: Dieses Jahr hat eine Weltmeisterschaft an einem Ort stattgefunden, wo die nächste Druckkammer, wenn man es mit einem Krankenwagen macht, minimum sechs Stunden weit weg war.

00:41:09: Alles funktioniert, ja.

00:41:11: Und es gab einen Athleten, ich glaube, die haben fast vierundzwanzig Stunden gebraucht, um den zur Druckkammer zu bringen.

00:41:17: Dann ist das zu spät für eine vernünftige Behandlung.

00:41:19: Und das ist so ein Punkt in unserem Sport, wo wir wirklich mehr auf die Sicherheit der Athleten achten müssen.

00:41:25: Weil das Risiko, das bleibt einfach.

00:41:27: Ich meine, das wäre, als hätte man irgendwie Skiapfatzlauf und das nächste Krankenhaus ist irgendwie sechs Stunden weit weg.

00:41:33: würde auch niemand machen.

00:41:35: Und ja, das ist so eine Gefahr, die ich gerade sehe.

00:41:37: Und mit den Tiefen, die jetzt erreicht werden, gibt es immer mehr Menschen, immer mehr Athleten, die diese Probleme bekommen.

00:41:44: Und da muss man auch eine Antwort darauf finden.

00:41:46: Welcher Tiefe liegt jetzt der aktuelle Weltrekord?

00:41:48: Bei den Männern?

00:41:49: um die hundertdreißig Meter.

00:41:50: Wow.

00:41:51: Das ist schon enorm tief.

00:41:52: Und es

00:41:52: geht auch die hundertvierzig zu.

00:41:54: Also, es ist wirklich ... Die sind über eine Minute auf Tiefen von über hundert Meter.

00:42:00: Das ist schon viel.

00:42:01: Das ist eine Riesenbelastung für den Körper.

00:42:02: Ja, ein Extremsport.

00:42:03: Ganz sicher.

00:42:04: Ein wunderschöner Extremsport.

00:42:06: Die Bilder sehen fantastisch aus.

00:42:07: Viele Menschen können sich das nicht vorstellen.

00:42:10: Es fühlt sich

00:42:10: ja auch fantastisch an.

00:42:11: Genau.

00:42:11: Und reden wir auch noch mal über dieses Gefühl.

00:42:14: Du nimmst schon noch einen Meisterschaftenteil, bist jetzt aber nicht mehr auf der Rekordjagd.

00:42:20: Du hast deine Rekorde aufgestellt, zu einer Zeit, als auch die hundertzwei Meter respektive die hundertsebzehn Meter gereicht haben, was vielleicht auch ganz gut gewesen ist.

00:42:28: Du hast deine Titel und tauchst jetzt... Weil du einfach tauchen musst und weil du den genuss hast, oder?

00:42:35: Ja, eben nicht muss, ich kann.

00:42:37: Also, müssen in dem Sinne als, das ist einfach deine Leidenschaft.

00:42:42: Genau,

00:42:42: das ist meine Leidenschaft, das macht mir sehr viel Spaß.

00:42:46: Also, ich glaube, ich habe jetzt so die luxuriöse Situation, dass ich alles erreicht habe in dem Sport.

00:42:51: Also, WM-Titel, Weltrekord, deutsche Meistertitel, deutsche Rekorde.

00:42:56: Den muss ich eigentlich nichts mehr hinzufügen.

00:42:59: Also, ich kann einfach völlig ... Befreit von daher tauchen.

00:43:02: Auf der anderen Seite gibt es noch so gewisse Techniken, die ich verbessern kann.

00:43:06: Und ich weiß, dass ich noch Potenzial habe, struktiver zu gehen, als ich es im Moment tue.

00:43:11: Und das ist natürlich was, was ich... auch noch gerne ein bisschen ausloten möchte, dann nehme ich mir auch nächste Saison noch mal auf jeden Fall die Zeit für mal zu gucken in zwei Disziplinen, ob ich das Limit, an dem ich bisher war, ob ich das noch ein Stück weit verschieben kann.

00:43:25: Aber es ist dann eher so aus dem Interesse her, mich selbst zu verbessern, als wirklich, sagen wir mal, in den Wettkampf mit anderen zu gehen.

00:43:33: So einen Wettkämpfen an sich verliere ich schon langsam das Interesse, muss ich sagen.

00:43:37: Also es ist immer mit viel Stress verbunden, immer der gleiche Zirkus und ... die genannten Sicherheitsprobleme, die nicht bei jedem Wettkampf geregelt sind.

00:43:48: Und wenn sie dann bei einer WM auch noch nicht ordentlich gehandhabt werden, dann verlege ich da die Lust dran.

00:43:53: Und das Thema Doping ist in unserem Sport auch ein wachsendes Thema, was mir da Sorgen bereitet.

00:43:59: Ja, dann verliert man vielleicht auch an diesem direkten Vergleich mit anderen bisschen die Lust.

00:44:04: Ja, doping, das kann ich mir vorstellen, dass das natürlich hochrelevant sein kann, einfach um halt die Sauerstoffversorgung etc.

00:44:11: am Körper zu optimieren.

00:44:12: Ja,

00:44:12: bei uns kann, glaube ich ... viel mehr helfen als in anderen Sportarten.

00:44:19: Also einmal all das, was Sauerstoffversorgung verbessert.

00:44:22: Typischerweise auch so Epo oder so.

00:44:23: was würde natürlich helfen.

00:44:26: Aber auch gewisse Mittel, die entweder das Kreislaufsystem runterfahren, angstlösende Mittel, alles Mögliche, dass vielleicht den anderen Sportarten gar nicht so relevant war.

00:44:37: Viele würden sich ja gar nicht dämpfen wollen oder runterfahren wollen vom Kreislaufsystem her, wäre ja irgendwie beim Sprinten.

00:44:47: Aber bei uns würde das helfen.

00:44:48: Aber das führt einfach dazu, dass es Mittel gibt, die in unserem Sport helfen, die nicht auf den Dopinglisten stehen.

00:44:57: Und ich will sie aber trotzdem nicht nehmen.

00:44:59: Und ich will auch eigentlich nicht in Konkurrenz zu Menschen stehen, die diese Mittel nehmen.

00:45:05: Da hängt halt das System ein bisschen hinterher.

00:45:08: Hinter dem, was in unserem Sport tatsächlich passiert.

00:45:11: Ja, ist auch schade, weil so ein Angst nehmende Mittel zu nehmen vor einem Tauchgang.

00:45:15: Da verpasst man ja die schönen Erfahrungen und diesen Weg, den du gerade beschrieben hast.

00:45:19: Ich hab

00:45:20: jahrelang dafür gearbeitet.

00:45:21: Aber

00:45:22: du hast halt auch dein Leben lang etwas davon und kannst es abrufen und das ist ja so dieser Transfer.

00:45:30: Dessen, was du gelernt hast für dein Sport in den Alltag.

00:45:33: Genau.

00:45:33: Und wie du das beschrieben hast, fand ich hochspannend.

00:45:35: Also das war wirklich ganz toll.

00:45:37: Und ich spreche mir noch mal über den Genuss.

00:45:39: Also wo taucht es sich am schönsten?

00:45:41: Also ich muss sagen, ich tauch auch sehr gerne am Seil, zum Beispiel im Mittelmeerraum.

00:45:46: Da finde ich auch das Licht und das Wasser immer sehr spannend.

00:45:50: Aber noch schöner ist es natürlich, wenn man auch mal mit Tieren ins Wasser kommt.

00:45:54: Ich hatte dieses Jahr einen Trip auf die Azoren und das war einfach unfassbar schön.

00:45:59: Das wäre jetzt nicht der Ort, wo ich tief tauchen wollen würde, weil sehr viel Strömung da ist, aber dafür hatte ich ganz, ganz tolle Erlebnisse da in der Unterwasserwelt.

00:46:07: Und sieht man nicht dann auch mal mit... Flosse, Brille und Schnorchel.

00:46:11: Ja, genau.

00:46:13: So, ich hab es gerade so lange gedacht.

00:46:15: Ohne Geräte.

00:46:16: An Urlauber, die dann da so reingehen und so weiter.

00:46:18: Da würdest du da auch mit dabei.

00:46:20: Ja,

00:46:20: ich glaub, ich würd dann doch eher mit einem Boot rausfahren und dahin, wo die großen Tiere auch sind.

00:46:25: Es ist auch manchmal schön, am Strand zu schnorcheln oder irgendwo einen Riff zu erkunden.

00:46:31: Aber da, wo die großen Rochen sind, das ist auch schön.

00:46:35: Oder wo die Heihe zu finden sind.

00:46:37: Da braucht man meist ein Boot.

00:46:39: Also,

00:46:39: dass das reizt sich dann schon auch mit den großen Tieren.

00:46:41: Hattest du da schon Begegnungen unter Wasser mit Heinen oder mit großen Rochen, die sehr faszinierend für dich gewesen sind?

00:46:50: Also, diese großen Tiere zu treffen, ich glaube, das ist immer faszinierend.

00:46:55: Selbstverständlichkeit und Eleganz, mit der die sich im Wasser bewegen.

00:46:58: Da sind wir so meilenweit von weg, auch wenn du gesagt hast, unser Sport sieht elegant aus.

00:47:03: Aber so ein Haifisch ist schon noch mal eleganter.

00:47:06: Und es sind halt keine dummen Fressmaschinen, wie sie meist medial irgendwie dargestellt werden, sondern einfach ganz schöne, auch intelligente Tiere, neugierige Tiere.

00:47:15: Und das sind schöne ... Interaktionen, die man hat in dem Sinne.

00:47:19: Also schon auch respektvoll und der muss mir jetzt auch nicht zu nahe kommen.

00:47:24: Aber so ein Tier in der freien Wildbahn beobachten zu können, das ist schon wirklich schön.

00:47:28: Und wenn man einmal damit begonnen hat, dann lässt man das wahrscheinlich auch nicht los, oder?

00:47:33: Ja, ich hatte auch dieses Jahr das Glück, dass ich mit Heilvorschern und Meeresbiologen zusammen im Wasser war.

00:47:39: Und dann lernst du halt auch sehr viel über das Ökosystem, über die Verhaltensweisen dieser Tiere.

00:47:44: Das hat dann natürlich noch mal eine ganz andere Bedeutung, als wenn man einfach nur so ein Haifisch vorbeischwimmen sieht.

00:47:49: Sondern wenn man dann auch versteht, was macht der, warum macht der das, warum ist der grad hier.

00:47:53: Also das war wirklich schön.

00:47:56: Das ist auch ein Privileg, das ich durch meinen Sport bekommen habe, so tolle Menschen kennenzulernen, die mir dann auch die Unterwasserwelt noch mal näher bringen.

00:48:04: Also wird mein Jennifer Wendland auch in den nächsten Jahren im Meer treffen.

00:48:09: Ja,

00:48:10: definitiv.

00:48:10: Ja.

00:48:11: Um mit Rosentieren zu schwimmen, zu schneucheln, tief zu tauchen.

00:48:16: Aber das Meer wird dich wahrscheinlich nicht mehr loslassen, oder?

00:48:18: Nein,

00:48:18: das ist ein zweites Zuhause auf jeden Fall.

00:48:20: Da fühle ich mich wohl, das gibt mir so viel Ruhe, das brauche ich schon.

00:48:24: Wie oft kommst du denn im Jahr eigentlich?

00:48:26: Du lebst ja in Essen.

00:48:28: Okay, also nicht direkt am Meer.

00:48:29: Nein, nicht wirklich.

00:48:31: Und wie oft reißt du und wie oft kommst du an?

00:48:34: Ja,

00:48:34: das ist so ein bisschen das Schwierige, dass mein Sport eigentlich immer verlangt, dass ich reise.

00:48:39: Ich hab in der Regel so drei Mal im Jahr, dass ich für einen Monat oder ein bisschen länger am Meer bin, für meinen tiefen Training.

00:48:47: Den Rest muss ich halt ... entweder trocken oder im Schwimmbad machen.

00:48:51: Da gibt's dann halt keinen Tieftauchen, sondern Streckentauchen.

00:48:54: Also, ich muss mich trocken auf die tiefen Saison immer ordentlich vorbereiten.

00:48:58: Wenn du auf Strecke tauchst im Becken, welche Strecke legst du dann zurück?

00:49:01: Ja,

00:49:01: so ungefähr, also ich komm so bis zu zweieinhalb Meter ungefähr.

00:49:04: Das ist auch ganz ordentlich.

00:49:06: Und welcher Trip steht als nächstes an?

00:49:08: Als nächstes, das ist noch sehr lange hin, also geplant ist so im April rum in den Trainingslager in Ägypten und hoffentlich dann auch mit dem Wettkampf vor Ort.

00:49:18: Dann wünschen wir dir für diesen Wettkampf alles Gute.

00:49:21: Danke schön.

00:49:21: Das war ein ganz spannendes Gespräch.

00:49:24: Wir konnten wirklich richtig eintauchen in deine Welt.

00:49:26: Und ich fand es sehr spannend, wie du über die Emotionen gesprochen hast, auch über die Ängste und wie du Emotionen gelernt hast, so zu regulieren, als dass du dich in einen Zustand der kompletten Entspannung begeben kannst.

00:49:38: Also ich kann das gut nachvollziehen, wie schön es ist, tauchen und so diese Leidenschaft auszuleben.

00:49:43: Herzlichen Dank, dass du hier warst.

00:49:45: Danke dir.

00:49:45: Tschöne Verwendland und alles Gute.

00:49:47: Danke schön.

00:49:50: Das war der Beat Yasser der Podcast mit Jennifer Wendland.

00:49:54: In der nächsten Folge ist der ehemalige Tennis-Profi und TV-Experte Misha Zverev zu Gast.

00:49:59: Ich freue mich auf das Gespräch und wenn ihr wieder rein hört.

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